Ja, ich bin mit der katholischen Kirche aufgewachsen.

Ja, ich war lange Zeit meiner Jugend Messdiener .

Ja, die Kirche war und wird natürlich weiter ein Teil von mir sein.

Als Familie gingen wir jeden Sonntag in die polnischsprachige Messe in Bremen. Zwei Priester aus Polen leiteten die polnische katholische Mission. Dort gingen wir polnischstämmigen Kinder und Jugendliche in eine polnische Sprachschule, trafen uns zu zahlreichen Jugendtreffs mit dem Klerus und gestalteten die katholische Kirche in Bremen mit.

Viele Freunde und Bekannte habe ich dort zu schätzen wissen, denn irgendwie waren wir alle eine Familie, die sich mindestens jeden Sonntag zur heiligen Messe traf.

Es passierte aber, dass mit dem Erwachsen werden, dem Älter werden und den Gang in die weite Welt hinaus, der Kontakt nach und nach abbrach.

Lange war ich mit anderen Dingen beschäftigt und nach einigen Jahren suchte ich per Facebook den Kontakt zur alten Familie zurück oder wollte einfach nur wissen, wie es den Anderen nach all den Jahren ergangen ist.

Und ich bin…schockiert.

Mit der Distanz zur damaligen Zeit und das Reifen des eigenen Verstandes, beobachte ich, wie viele Freunde, alles Kinder von Polen, in eine recht extremistische Schiene geraten sind.

Manche haben sich der AfD angeschlossen und fast alle haben sich in diesen erzkonservativen rechten polnischen Konsens verstrickt.

Wenn ich ihre Bilder auf Facebook sehe, sehe ich fast ausschließlich Cover-Bilder mit patriotischen Motiven und in ihren Einträgen eindeutig rechte Gesinnungen.

Das alles erschien mir unglaublich suspekt und Weltfremd.

Ich selber bin da aber ein etwas anderes Beispiel. Ich habe polnische und syrische Wurzeln, stehe der Kirche wenigstens mit dem Gewissen zur Seite, aber erschrecke zutiefst in der Erkennung ihrer Abscheu gegen alles Andere. Gegen die Muslime, gegen die Flüchtlinge, gegen die EU, gegen alles vermeintlich Antipolnische.

Viele verstecken sich unter dem Deckmantel des Patriotismus und tun so, als müssten sie jetzt Polen gegen die feindliche Welt verteidigen.

Was ich aber damit sagen will: Es geht auch anders.

Ich liebe Polen, die Sprache, die Menschen, die Geschichte, kenne dessen Leid und den neuen Stolz auf dieses florierende Land.

Ich selber gehöre zu diesem Land, aber genauso wie ich zu Deutschland gehöre und in diese eine Erde die wir haben.

Was ich aber sehe, ist eine Radikalisierung der polnischen Jugend in der Polonia ( Die Auslandspolen) die sich offenbar vor dieser Welt samt Veränderungen und Migration abschotten wollen und einzig das polnische Vaterland mit den Schlagworten Gott, Ehre, Vaterland als Bollwerk gegen das Neoliberale manifestieren.

Jetzt nach all den Jahren wird mir bewusst, dass diese einst heile Welt der Kindheit, nur eine Täuschung war, damals nicht ahnend von dem Hass in den Köpfen vieler.

Mein Name ist Omar Kheyal. Ich bin 28 Jahre alt, lebe in Deutschland und liebe Polen. Ich respektiere die katholische Kirche. Ich stehe ein für die längst erforderliche Verbrüderung beider Nachbarstaaten. Ich möchte eine Brücke bauen, um Verständnis und das Kennen lernen des Nachbarn zu ermöglichen.

Aber was ich gesehen habe ist das genaue Gegenteil davon. Eine Rückkehr zum Nationalismus und eine gewisse Antihaltung gegen die ganze Welt.

Schade um diese junge Menschen.

Schade um dieses wunderschöne Land.

Schade der Geschichte willens, die dieses Land in Zukunft schreiben wird.