Das letzte Kapitel ist geschrieben.
Die letzten Worte füllten den Bildschirm.
Alles war erzählt.
Alles niedergeschrieben.
Doch jetzt war es Zeit zu gehen.
Er saß in seiner kleiner Wohnung in Hamburg-Altona am Schreibtisch.
Weiße Ikea-Regale reihten sich an den Wänden, voller Bücher und Aktenordnern.
Er war jetzt 30 Jahre alt.
Seit zehn Jahren war er nun als freier Autor und Schriftsteller tätig.
Viele Geschichten entstanden zu dieser Zeit. Viel Anerkennung bekam er für seine Arbeit, ob in Worte oder finanziell.
Das Schreiben war für ihn Fluch und Segen zugleich.
Ein Segen für seine Seele und ein Fluch der Abhängigkeit zum Niederschreiben der Worte.
Das Schreiben bedeute für ihn alles und doch nichts.
Parallel zum Kunst des Schreibens begleiteten ihn aber auch die Dämonen in seinem Verstand.
Er wusste es noch genau. Den Moment. Den Moment als er den Verstand verlor.
Dämonen offenbarten sich ihm, sprachen zu ihm und quälten ihn.
Nicht einmal verbrachte er seine kostbare Lebenszeit in der Psychiatrie im Kampfe gegen das innere Böse.
Er wusste es genau. Er war nur solange erfolgreich als Schriftsteller, wie es ihm die Dämonen erlaubten.
Er wusste. Er hatte die Wahl. Erfolg für seine Leidenschaft oder das Dasein als intellektuelles Nichts in Abwesenheit der Dämonen.
Er war nur so gut im Schreiben, wie es ihm die Dämonen erlaubten und nur mit ihnen konnte er so erfolgreich sein.
Viele Preise und Ehrungen bekam er. Viel Aufmerksamkeit im Glanze der Autorenszene in Deutschland.
Das war für ihn das wahre Deutschland und Europa.
Die Kunst des Schreibens, der Aufklärung und der Drang nach selbstloser Freiheit. Doch jetzt schrieb er sein letztes Buch zu Ende. Es war ein langer Text, denn es war seine persönliche Biografie. Ein Leben von rund 30 Jahren vermag nicht viel zu offenbaren, aber es reichte um ein ganzes Buch darüber zu schreiben.
Schließlich speicherte er den Text und lud es für alle Leser kostenlos auf seiner eigenen Homepage hoch.
Das letzte Memo musste noch geschrieben werden: ´´Das wars ´´
Das waren die letzten Worte seines letzten Memos, dass er an sein Verlag schickte.
Er dachte noch kurz nach. Über sein Leben, die Liebschaften und all das Gute wie Schlechte darin.
Er erinnerte sich beiläufig an seine große Liebe Sara, die ihn zu Jugendzeiten begleitete. Sie war eine Muse für ihn, eine Leidenschaft, eine körperliche Begierde. Er liebte sie abgöttisch. Nur fiel ihm das erst jetzt ein in dem Moment, als er sein junges Leben beenden wolle.
Und da waren sie wieder. Die Stimmen. Die Befehle, das Erniedrigen seiner selbst. Die Ärzte sprechen von einer Schizophrenie, begleitet von akustischen wie optischen Halluzinationen und das unscharfe Wahrnehmen der Realität. Doch für ihn gab es nur diese Realität und die Stimmen gehörten dazu. Sie waren Begleiter seines Erfolges und Niederganges. Er wusste, er konnte es nur soweit als freier Autor schaffen, wie es ihm die Stimmen erlaubten.
Doch jetzt war er erschöpft. Er ging in das Badezimmer und schaute in den Spiegel. Er blickte in nussbraune Augen, dunkle Haaren auf seinen Haupt und das Erlischen seiner Seele zu Angesicht seiner Selbst.
Er öffnete den Schrank neben seinem Spiegel, nahm eine ganze Handvoll von Chlozapin, seinem verschriebenen Antipsychiotikums und schluckte sie alle runter.
Schließlich legte er sich ins Bett und wartete. Wartete auf den Tod…
…Schreien und Flehen erfüllten den Raum…
….Erbrochenes wärmte seinen Brustkorb…
….Schmerzen und erste Halluzinationen traten ein…
….Schließlich das Schwarz vor seinen Augen und der letzte Atemzug…
…Dann war alles vorbei…
…Er war für immer weg…