Wo sind sie hin ?

Die  Dichter und Denker ?

Wo bleiben sie ?

Des Freiheit größten Freigeister und Menschen die ihre Worte als schärfste Waffe nutzen ?

Sie besucht die letzte Vorlesung vor den Semesterferien im Sommer.

Bewusst entschied sie sich für die Philosophie als Studiengang, als ewige Muse, als ewige Leidenschaft und die Kraft des Denkens zu nutzen.

Sie war anders . Durch und durch.

Vielleicht nicht optisch, aber intellektuell, ganz klar.

Schon zu Zeiten der Kindheit las sie viele Bücher, stöberte in den endlosen Welten der Fantasie und dachte nach, das echte Nachdenken.

Nun war sie hier. In dieser Großstadt. In diesem Milieu, in dieser Studentenschaft.

Viel hielt sie nicht von ihren Kommilitonen, aber diese gaben auch nicht viel zu halten vor. Als Einzelgängerin besuchte sie die staatliche Universität. Schon im Grundgesetz ist das Recht auf Bildung, entsprechend den Fähigkeiten festgeschrieben, aber nicht wirklich gelebt. Eine Generation von Akademikern folgt nacheinander und mit ihnen der Wandel der Gesellschaft, die Moral, Werte und das freie Denken, das nicht mehr so ganz frei war.

Schon immer hielt sie sich von den sozialen Netzwerken fern. Eine Ansammlung aus körperliche Muse, das Schaustellen von Ästhetik , das Ergötzen an des Materiellen, das Streben nach Anerkennung durch ein Herzchen in den Kommentaren , Bestätigung des eigenen Selbstbildes und das Frönen von Wichtigtuern wie Influencer , die einem etwas Unterhaltung bieten wollen zum Preise des eigenen Denkens und der allgemeinen Intellektualität. So sind die Zeiten in der sie geboren sind, aber müssen diese auch so bleiben ?

Wo sind sie hin, die wahren Dichter, des Nations wahre Geschicke Lenker und der verlorene Schaffungsgeist des letzten Jahrhunderts ?

Es gibt sie nicht mehr. Die Helmut Schmidts, Fritz Bauer oder eben die Hannah Arendts. 

70 Jahre Frieden auf deutschem Boden. 

70 Jahre Freiheit,

70 Jahre wachsender Wohlstand.

Doch was haben wir heute davon ?

Konsum, billige Unterhaltung und das Ergötzen an falschen Idolen.

Nein.

So wie die anderen wollte sie nie werden .

Nein.

Sie war anders. Und stolz darauf.

Ja.

Sie liebe das Leben

Ja.

Sie liebt die Kunst.

Aber ganz allein, als einzige Verfechterin des gelebten Geistes und der Macht des Denkens.

Allein nahm sie ihren Rucksack und ging aus dem Gebäude in das Freie hinaus. 

Überall nahm sie Junge Menschen wahr, manche schon mit einem Bier in der Hand und der Freude auf die vorlesungsfreie Zeit im Sommer,

Sie war noch so jung und so voller Tatendrang. Sie strebte nach mehr und vor allem nach diesem Sommer , in der Hoffnung ihn nicht alleine verbringen zu müssen, als auf einmal eine Nachricht in ihrem alten Handy aufploppte: ´´Lena, kommst du heute mit in diese kleine Kneipe an der Friedrichstraße ? Bis 23 Uhr ist Happy Hour, ´´

Sie las diese Zeilen und Interesse stieg in ihrem Kopf hoch. 

Naja, nach all dem Stress im Studium könne ein kleiner Kneipengang und etwas Alkohol die Stimmung etwas aufhellen…

Nun stand sie hier. Vor dem Spiegel.

Sie blickt in tiefe nussbraune Augen , ein schmales Kinn , eine kleine Nase und einem brünetten Haarschopf.

Sie blickt sich an und erkennt sich fast selbst nicht mehr.

Ja, sie war eine schöne junge Frau, auch wenn sie nicht viel darauf gab.

Ja, es gab hier und da Verehrer auf den vielen kleinen oder größeren Partys mit den Kommilitonen, auch wenn sie darauf nicht viel Wert gab.

An Partys an sich hielt sie nicht viel, aber sie war schon zu den stressigen Phasen ihres Studiums viel beschäftigt, da könne ein kleine Feier ihr vielleicht etwas Ablenkung bescheren.

Sie betrachte sich noch einmal im Spiegel samt ihres schönen Kleids und war bereit für diese Nacht…

Die Musik donnert aus allen Lautsprechern und Bässen.

Die ersten Männer gröllen in die Nacht.

Die ersten Alkoholeskapaden lassen nicht lange auf sich warten.

Mit dem Gefühl etwas Fehl am Platze zu sein , steht sie nun hier zwischen den Feiernden und versucht vergeblich irgendwo Anschluss zu gewinnen. 

Nach ein paar Schlücken aus dem vollen Bierglas , beschloss sie vor die Tür dieser Kneipe zu gehen und etwas zu tun, das sie nur selten tat.

Sie verließ die feiernde Meute, stellte sich ein paar Meter weiter von der Tür weg , zog eine Schachtel blaue L&M Zigaretten aus der Tasche und zündete sich Eine an.

Nach ein paar Zügen der Zigarette blickt sie nun gedankenverloren in den klaren Nachthimmel und genoss den Moment für sich, ehe sanfte Worte sie aus dieser Gedankenlosigkeit rausholten.

´´Verzeihung, hätten Sie mal Feuer für mich ? ´´

Sie blickte sich um und sah einen jungen Mann vor sich mit einer selbstgedrehten Kippe im Mund, aber scheinbar ohne Feuer.

´´Ja , natürlich, hier bitte ´´

Dankend nahm der Mann das Feuerzeug und zündete sich die Zigarette an.

Die junge Frau blickte auf den Mann, der äußerst gut angezogen war, wie ihr auffiel.

Er trug einen grauen Sakko mit einem weißen Hemd darunter, schmale dunkle Jeans und braune italienische Schuhe wie ihr auffiel.

Er trug eine schmale Designerbrille auf der Nase und einen vollen pechschwarzen Haarschopf auf den Kopf, der ihm eine Brise Extravaganz verlieh.

Einen Moment schweigen sie, während sie an der kleinen Versuchung nippten und einfach nur da standen.

Doch plötzlich sah der Mann sie an und ergriff ruhig und gelassen das Wort:

´´Ich wollte mich nochmal für das Feuer bedanken. Leider habe ich meines irgendwo hingesteckt ohne zu wissen wo. Wie heißen sie eigentlich ? ´´

Die Frau blickte in dessen stechend grüne Augen und war durchaus angetan von diesem Manne, der deutlich anders erschien als die die grölenden betrunkenen Männer in der Kneipe.

´´Mein Name ist Lisa.´´

Da lächelt der Mann sie an, verbeugte sich kurz vor ihr und nannte seinen Namen:

´´Mein Name ist Matthäus.´´

Für einen etwas längeren Moment kreuzten sich ihre Blicke und auch das Interesse der Beiden schien zu wachsen.

´´Ich nehme an Lisa, dass du zu dieser Feier in der Kneipe gehörst ?´´

´´ Ja , aber ehrlich gesagt finde ich da nicht viel gefallen daran. Deshalb stehe ich nun hier und rauche, was schon ein Zeichen von großer Langeweile für mich ist. Studierst du auch ? ´´

Da lachte Matthäus auf, nahm einen Zug von der Kippe und lächelte sie an:

´´Nein, nein. Das Studieren war noch nie mein Fall. Ehrlich gesagt mag ich Studenten nicht gerne. Ich fühlte mich nie wohl in der Uni und kam mit dem heutigen Zeitgeist nicht ganz klar. Mein Beileid, dass du studieren musst.´´

Lisa musste jetzt auch lachen und endlich wich all der Frust und Stress von ihrer Brust und tatsächlich spürte sie im Dialog mit Matthäus eine deutliche Aufheiterung.

´´Ich verstehe vollkommen was du meinst. Irgendwie fühle ich mich verloren in der Universität, obwohl diese doch uns freien Zugang zu Wissen und Kultur verschaffen solle. Irgendwie hatte ich nie das Gefühl wirklich frei zu sein. Frei denken zu können und etwas Neues zu schaffen. Ich studiere Philosophie aber irgendwie hatte ich nie das Gefühl auch philosophisch zu arbeiten.´´

Matthäus schaute sie kurz nachdenklich an . Einen Moment schwieg er, ehe er diese mit deutlichen und scharfen Worten unterbrach:

´´Auch ich studierte mal. Auch Philosophie. Mir ging es dabei genauso wie dir. Also beschloss ich einfach bei diesem Kindergarten aufzuhören und was Eigenes zu machen. Leider ist aus mir nur ein kleiner erfolgloser Autor geworden , ohne große Perspektive,

aber genau diese kleine Perspektive liebe ich so sehr. Ich liebe die Künste und das Frei sein. Ich kann selber entscheiden was und wie ich tue , ohne dass es von fremden Wichtigtuern bewertet wird. Ich halte nicht viel von unserem Hochschulsystem, aber sie ist nun mal da.´´

Lisa horchte diesen Worten und die Aufheiterung stieg in ihrem Kopf. Endlich mal jemand mit dem  man sich unterhalten könne und das auf Augenhöhe. Sie fand immer mehr gefallen an diesem Manne ehe diese durch folgende Worte stieg:

´´Möchtest du mich auf einen kleinen Spaziergang begleiten ? ´´

´´Ja´´ ihre kurze aber ehrliche Antwort…

Gemeinsam schritten sie durch diese klare Sommernacht.

Die Hitze wich der kühlen Nachtluft in dieser Großstadt , die auf einmal ganz klein und ruhig erschien.

Sie schritten gemeinsam durch wunderschöne Gassen dieser doch schönen Stadt und erfreuten sich der Gesellschaft des Anderen, ehe Matthäus auf einmal stehen blieb.

´´Ich wohne hier in diesem Altbau im ersten Stock. Ich würde gerne den Abend mit einem phantastischen spanischen Wein abrunden. Der gute Vino Tinto ist in letzter Zeit der Renner bei mir. Lidl lohnt sich.´´

Lisa lachte herzlich auf über diese Bemerkung, musste aber trotzdem kurz nachdenken.

Mit einem fremden Manne einfach in seine Wohnung zu gehen ?

Doch als sie tief in die grünen Augen von Matthäus blickte , wichen alle Vorbehalte einfach davon , vertrieben  von seinem unwiderstehlichen Lächeln.

´´ Ja, ich komme mit ´´…

Die Wohnung war sehr hell, spartanisch eingerichtet und doch stilvoll. 

Matthäus habe einen echt guten Geschmack wie ihr auffiel und sie fühlte sich schnell wohl auf dem kleinen Sofa im Wohnzimmer.

Der Mann ging kurz in die recht große Küche nebenan , kam mit einer Flasche billigen Rotwein zurück samt zwei Gläsern:

´´Es ist an der Zeit sich auch mal was zu gönnen. Naja, ich gönne es mir oft in der letzten Zeit, aber heute habe ich ja auch Besuch da.´´

Matthäus setzte sich respektvoll wie mit etwas Abstand gedacht gegenüber von Lisa und schenkte Beiden den Wein ein.

´´Wir können uns über alles auf der Welt unterhalten, wenn du willst. Oder..´´

´´Oder ? ´´ die knappe Antwort von Lisa.

Matthäus beugte sich etwas vor und sah ihr tief in die Augen.

´´Musik !! ´´

Auf einmal lachte Lisa laut auf über diese ihr recht witzige Bemerkung.

Matthäus war in allen Belangen anders. Sein Wesen war sehr unkonventionell, aber gelassen und irgendwie sympathisch wie charmant.

´´Na gut. Welche Musik hörst du ? ´´

Matthäus lächelte und zwinkerte mit dem rechten Auge:

´´Madonna. Die 80´er haben es noch immer in sich .´´

Danach drückte er auf den Knopf in der Fernbedienung und erst langsam und immer lauter die bezaubernde Stimme von Madonna, offenbar ein Song aus den 80´ern und die erste Melodie ertönte.

Lisa konnte nicht anders, als zusammen mit Matthäus zu wippen, ehe der Wein langsam und sachte in ihren Kopf einschlug und sie in die wunderschöne Welt der Gelassenheit, Aufheiterung und tatsächlich Spaß entließ.

´´Komm wir tanzen etwas´´

Matthäus stand auf , trank sein Glas leer und ganz allein tanzte er vor dem Sofa und bewegte sich zum Rhythmus der Musik.

Ein sehr guter Tänzer dachte sich Lisa, ehe alle Vorbehalte schwanden, aufstand und einfach mit tanzte.

´´Oh, Konkurrenz auf der Tanzfläche.´´ lächelte der Mann sie an.

´´Auch Philosophiestudenten haben einen guten Hüftschwung. ´´

Zu der sanften Stimme Madonnas, den alten Beats des letzten Jahrhunderts und der Blüte des Lebens im Gegenwart tanzten beide und schenkten sich reichlich den Vino Tinto ein.

Dann passierte es. Etwas das Lisa nicht kannte, aber ganz erpicht war, es herauszufinden. Der Tanz mit einem guten Tänzer, die Wirkung des Alkohols und die völlige Loslösung aus dem Alltag.

Matthäus legte seine großen Hände um ihre schmalen Hüfte, bewegte sich mit ihr zum Rhythmus der Melodie und erst langsam, dann immer fester und bestimmter legte er seinen Kopf an ihre Schulter, bis seine Lippen zart ihre Wangen berührten.

Erregung knisterte in der Luft und die Luft fiel auf einmal ganz schwer und feucht zu sein. Das Atmen wurde immer tiefer und kräftiger, genauso wie die Zuwendung Des Mannes Körper an dem der Frau.

Doch es war nur der Beginn. Der Beginn für das, was immer Beide wollen und sich danach sehnten. Eben nicht mehr alleine sein, keine alleinige Freigeister zu sein und sich endlich dem Nächsten hinzuwenden, geistig wie körperlich.

Die Nacht war noch sehr jung und doch solle sie noch sehr lange werden. Ein gelebter Traum und der Höhepunkt der Zusammenkunft zweier Menschen, von einem Mann und einer Frau sowie das Vertrauen zueinander.

Welches Schicksal Los sie zögen, liege an ihnen selbst. Aber der Grundstein war gelegt. Der Beginn ihrer Liebe…

´