Und es dreht sich…

…das ganze Leben und vielleicht etwas mehr..

Erschöpft kehrt sie nach Hause zurück. Es war ein anstrengender Tag im Büro . Stress vereint sich mit Angst vor dem Nichtstun und der Klarheit , dass diese Arbeit nun mal gemacht werden muss.

Sie lebe ein gutes Leben. Glaube sie jedenfalls. Die Rechnungen sind stets rechtzeitig bezahlt und der nächste Sommerurlaub war schon gebucht. Eben ein schönes Leben.

Sie legt ihre Tasche in die Ecke ihres Wohnzimmers und setzt sich an den großen Tisch vor der neuen Küche.

Sie blickt um sich: Ihre Wohnung war minimalistisch, aber sehr modern gehalten. Weiß und Grau mischen sich harmonievoll zusammen und ergeben eine Wohnung, die auch aus einem Ikea-Katalog stammen könnte. Nun saß sie allein da und starrte auf die Wand gegenüber:

An der weißen Wand hängen Bilder und Gemälde bekannter Künstler und sollen einen Effekt der Intellektualität  und des guten kulturellen Geschmacks simulieren. Doch da kam dieses Wort auf: Simulieren.

War alles an ihrem recht guten Lebens eine Simulation ?

All diese Dinge wie neue Möbel, ein neuer Laptop oder der brandneue Fernseher an der Wand ? 

Sie sei jetzt im besten Alter mit ihren jungen 35 Jahren. Vieles habe sie erreicht. Ein guter Job in einem Großkonzern, darin ihr guter Ruf im Büro als Zuverlässig und Verlässlich. Ein neuer Leasingwagen und sogar einige gute Freunde, die ihrem Status gerecht werden könnten.

Doch es dreht sich..

… das ganze Leben mit dem frühen Aufstehen, dem ersehnten Gehalt und ein Leben dass sie vermeintlich immer haben wollte.

Doch was wolle sie nun ? 

Wofür das alles ?

Immerzu diese Müdigkeit und die Erschöpfung ?

Und da begann es. Die Zweifel. Zweifel sind die ersten Vorboten der Wahrheit und die Wahrheit kann eben radikal und grausam sein.

Und da begann es. Die ersten Vorboten der Depressionen. Depressionen auferstanden aus falscher Veranlagung, dem Willen immerzu zu funktionieren und einfach abzuliefern.

Und es dreht sich…

All der Alltag und das Einreden alles sei gut. Doch nichts sei mehr gut.

Sie steht auf, öffnet ihre Kommode gegenüber und holt eine Flasche Wein heraus. Die Flasche war bereits geöffnet und wurde wie zuletzt an immer mehr Abenden ausgeschenkt. Das blutrote Trunk der Verdrängung sollte eine Verheißung des Genusses darstellen, entpuppt sich aber als eine Last, die von Abend zu Abend immer schwerer wurde.

Sie könne nicht mehr. Das wurde ihr jetzt klar. Und so blickt sie etwas an, wovor sie sich immer fürchte: Eben das Nichts.

Und es dreht sich…

… all diese Tage und der Zweifel.

Sie stand auf , ging in das Schlafzimmer nebenan und legte sich ins Bett. Ein neuer Tag würde kommen, auch wenn dieser sich wieder ins Nichts flüchten würde…